Donnerstag, 15. Januar 2009

Burn After Reading: Heißer CIA - Scheiß


Brad Pitt als strohdummer Fitness-Coach? Geroge Clooney als dauergeiler CIA – Agent? Tilda Swinton in einer Hollywood – Produktion? Und das alles auch noch im selben Film? Was das bedeutet, ist klar: Die Coen – Brüder haben wieder zugeschlagen. „Burn After Reading“ heißt ihr neuestes Werk, indem alles, sagen wir mal, etwas anders ist.

Der Inhalt: Eine geheimnisvolle CD sorgt für Wirbel

Aber von Anfang an: CIA – Balkanexperte Osbourne „Ozzie“ Cox (John Malkovich) muss sich mit seiner Suspendierung auseinandersetzen. Grund: Sein zu starker Alkoholkonsum. Daraufhin beginnt er, frustriert und gelangweilt, seine Memoiren zu schreiben. Seine herrische Frau Katie (Tilda Swinton) beschließt, diese auf eine CD zu brennen, um im bevorstehenden Scheidungskrieg (von dem Ozzie allerdings noch nichts weiß) etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Aber nicht nur das: Katie hat eine heiße Affäre mit dem (paranoiden) Hausfreund Harry Pfaffer (George Clooney), einem früheren Finanzministerium-Personenschützer, der jedoch auch notorischer Fremdgänger ist und eine Affäre mit Fitness-Coach Linda Litzke (Frances McDormand) beginnt. Die wiederum braucht dringend Geld für ihre Schönheits-OPs, weil sie ihrer Meinung nach dringend rundumerneuert werden muss. Richtig los geht’s aber erst, als Lindas grenzdebiler Kollege Chad Feldheimer (brillant komisch: Brad Pitt) die CD mit Ozzies Memoiren findet. Und die sind seiner Meinung nach „richtig heißer CIA – Scheiß“…

Worum es genau geht, weiß aber keiner so genau.

Gleich zu Beginn: Die Story ist weder Komödie noch Agententhriller, völlig absurd und auch eigentlich völlig belanglos. Zwar braucht die Geschichte etwas, bis sie in die Gänge kommt, aber spätestens mit dem ersten Auftritt Brad Pitts geht es dann Schlag auf Schlag und man wird in eine Geschichte hineingezogen, welche sich an manchen Stellen derart über sich selbst lustig macht, dass es schon wieder anstrengend wird. Worum es geht, weiß eigentlich keiner so genau. Das muss auch der völlig überfordernde (und von J.K. Simmons zum Brüllen komisch dargestellte) CIA – Superior feststellen, wenn er an zwei (und den mit Abstand brillantesten) Szenen im Film gegenüber seinem Kollegen zugeben muss:

„Berichten Sie mir, wenn sie…. etwas tun.“ Und zum Schluss des Filmes:
„Was erzählen Sie mir da?“ – „Keine Ahnung.“ – „OK, dann lassen wir’s dabei.“


Die Memoiren-CD agiert in typischer Hitchcock-Manier als waschechter MacGuffin: Sie initiiert und treibt die Handlung voran, ist im Grunde genommen für die Zuschauer aber völlig unwichtig und sogar austauschbar. Denn es geht nicht um die Story, sondern um die Figuren, welche das Kernstück des Filmes darstellen: Alle brillant überzeichnet, verbindet die orientierungslosen Loser in ihren Mitt-Vierzigern jene Art von Midlife-Crisis, der man augenscheinlich nur noch mit Schönheitswahn, Internet–Dating, verrückten Erpressungsversuchen und Erfindungen der etwas anderen Art zu entkommen vermag. Es sind vor allem die charakterlichen Schwächen, die (typisch Coen-Brüder) zwar grenzenlos überzeichnet sind, die Figuren aber umso mehr sympathisch machen. Dass solch abgedrehte Figuren noch dazu mal nicht von taufrischen Jugend-Stars dargestellt werden, ist herrlich erfrischend.

Die Hauptdarsteller beweisen Selbstironie

Womit wir auch schon bei den Darstellern wären. Die Rollen wurden den Stars buchstäblich auf den Leib geschneidert, denn die Regisseure haben erst nach Zusagen der Darsteller die Rollen geschrieben. Was in diesem Fall nicht immer schmeichelhaft ist: Besonders George Clooney als sexsüchtiger Frauenheld, Tilda Swinton als eisige und herrische Ärztin (die sogar einem verängstigten Kind eine persönliche Fehde androht) und natürlich Brad Pitt als Personifizierung des Blondinenwitzes beweisen gehörigen Mut zur Selbstironie. Nicht zu vergessen John Malkovich in einer für ihn ungewöhnlich verrückten Rolle und natürlich Coen-Muse (und –Ehefrau) Frances McDormand, die herrlich überdreht und völlig planlos von Ereignis zu Ereignis, Dating zu Dating stolpert. Die illustre Starregie agiert mit derart viel Spielfreude, dass der Funke sofort auf den Zuschauer überspringt. Trotzdem bleibt dabei ein fader Nachgeschmack: Zu sehr stehen die Stars im Vordergrund, zu wenig die Figuren selbst. So kommt unwillkürlich die Frage auf: Wäre Chad immer noch so ungemein komisch, würde er von einem No-Name Darsteller dargestellt werden?

Die Coen-Brüder waren schon mal besser

„Burn After Reading“ ist also ein typischer Coen-Film: Dialogwitz, skurrile Figuren, absurde Geschichten. Das Drehbuch zu „Burn After Reading“ ist parallel zu dem von „No Country For Old Men“ entstanden. Im Vergleich zu diesem Oscar-gekrönten und überraschend ernsten Meisterwerk aus dem Jahr 2007 wirkt „Burn After Reading“ beinahe so, als ob sich die Coen-Brüder hier etwas ausruhen wollten: Zu uninspiriert wirken Teile der Story, zu sehr ruhen sich die Regisseure auf ihrem Ruf als schräge Geschichten-Erzähler abseits des Mainstreams aus. Irgendwie hat man alles, was man in „Burn After Reading“ geboten bekommt, in einem anderen Coen-Film auf die eine oder andere Art und Weise schon mal gesehen. Wodurch man auch weiß, dass oft mehr drin gewesen wäre.

Fazit

„Burn After Reading“ ist ein lustiges Filmchen, das Spaß macht, den man aber nicht unbedingt im Kino gesehen haben muss. Zwar sind die Coen-Brüder hier nicht am Höhepunkt ihres kreativen Schaffens angelangt, jedoch ist „Burn After Reading“ alles in allem immer noch ein Coen-Film: Wenn die Kamera am Ende des Filmes in die Vogelperspektive wechselt, hat man das Gefühl, die letzten 95 Minuten in ein Universum gestoßen worden zu sein, indem… nun ja, eben alles ein bisschen anders ist. Und doch schon da gewesen.

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